Robust, Langlebig, atmungsaktiv. Das sind nur einige Vorteile, die Leder mit sich bringt. Ein natürliches Material, das Menschen schon seit Jahrhunderten benutzen.
Es überzeugt nicht nur durch die drei Produkteigenschaften. Vielmehr steht Leder heute auch für Qualität und Eleganz. Es gibt zum Beispiel kaum ein bekanntes Modelabel, das auf das tierische Material verzichtet: die Bauchtasche ist aus Glattleder, die schwarzen Overknees aus rauem Wildleder und die Culotte zieren kleine Patches aus Nubukleder. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Leder ist ein fester Bestandteil unseres Lebens – denkt man. Doch für immer mehr Deutsche, darunter gerade junge Menschen, trifft das nicht mehr zu. Und nein, hierbei handelt es sich nicht nur um Vegetarier und Veganer. Sicher haben auch sie den Tierschutz im Blick, doch vor allem auch den Schutz von Umwelt und Natur.
Aber wo ist hier der Zusammenhang? Was hat Leder mit möglichen Umweltschäden zu tun? Und welche nachhaltigen Alternativen gibt es?
Diese und weitere wichtige Fragen möchten wir im Folgenden für dich klären.
Sei gespannt, es warten wirklich ein paar verblüffende Materialien auf dich. Sneak peek: Frau trägt jetzt Apfel am Fuß.
Warum schadet Leder der Umwelt?
Das größte Problem bei der Lederherstellung in puncto Umweltschutz ist die Haltbarmachung – das Gerben. Dies ist in der Regel der finale Schritt, bevor das Material von anderen Firmen zu Schuhen, Autositzen oder Sofas weiterverarbeitet wird.
Im Zuge der Globalisierung hat sich auch dieser Markt größtenteils in Asien angesiedelt. Etwa 80 % des weltweiten Lederbestands werden dort in Gerbereien behandelt.
Dies geschieht leider sicher oft unter widrigen Umständen. Dem Schutz der Arbeiter widmen wir uns gern noch einmal detaillierter an anderer Stelle. Schließlich stehen auch wir hinter der Definition, die den Nachhaltigkeitsbegriff in drei Dimensionen unterteilt: ökologisch, ökonomisch und sozial.
Damit Leder weich, flexibel und vor allem widerstandsfähig ist, muss es gegerbt werden. Im Normalfall greifen Betriebe dafür auf giftige Chemikalien zurück. Für die Unternehmen ist dies ein besonders günstiges Verfahren, das die Angestellten aus dem Effeff beherrschen.
In der Regel kommen sogenannte Chromsalze zur Anwendung. Ein Schwermetall, das man vor allem in afrikanischen Tagebauten energieintensiv abbauen muss.
Die Arbeiter in den Gerbereien mischen die ätzenden Stoffe mit Wasser, behandeln damit die Häute und entsorgen es dann leider oft mit dem normalen Abwasser. Auf diesem Weg gelangen die Giftstoffe in Flüsse und Seen, sie sickern in Böden und ins Grundwasser ein. Sie stören die natürlichen Kreisläufe der Natur und können Tieren, Pflanzen und auch Menschen erhebliche Schäden zuführen.
Geht das nicht anders? Doch: Gerben mit Pflanzenpower!
🌿 Pflanzliche Ledergerbung
Die pflanzliche Gerbung ist im Grunde nicht neu. Der Trend dazu jedoch schon. Es gibt vor allem immer mehr kleine Firmen, die komplett auf ein pflanzliches Verfahren setzen und mit diesem nachhaltigen Ansatz selbstbewusst werben. Zu sehen etwa bei wet-green aus Süddeutschland, das seine Ledersessel mit Olivenblättern gerbt oder auch bei einer angesagten Öko-Brand aus der Hauptstadt, deren Lederaccessoires mit Inhaltssoffen der Rhabarberwurzel behandelt werden.
Rhabarberwurzel? Ja, klingt erst einmal komisch, ist aber wahr. Gerbstoffe kommen ganz natürlich in Früchten, Rinden, Hölzern, Blättern und Wurzeln von Pflanzen und Bäumen vor. In unterschiedlicher Konzentration schützen sie dort vor Schadinsekten und Krankheitserregern. Extrahiert und für die Gerbung eingesetzt, schützen sie dann das Leder vor Fäulnis, vor Sonneneinstrahlung und anderen (Umwelt-) Einflüssen. Die Notwendigkeit von chemischen Zusätzen entfällt und die Rückstände der Gerbung können mit dem Abwasser entsorgt werden. Ein erstes wichtiges Plus für die Umwelt.
Wer jedoch ganz auf herkömmliches Leder verzichten möchte, braucht auch hierzu eine Alternative. Welche nachhaltigen Produkte in Frage kommen, liest du in den nächsten Kapiteln.
♻️ Veganes Leder aus Müll
Es ist sicher nur ein paar Jahre her, da lautete die womöglich einzige Alternative zu normalem Leder: Kunstleder. Dies sah meist eher wie der hässliche Bruder des tierischen Originals aus, roch nicht gut und hatte zudem nur eine kurze Lebensdauer. Damit aber nicht genug. Für die Umwelt war bzw. ist damit nicht viel gewonnen. Das billige Kunstleder, aus dem zum Beispiel der City-Loafer beim Discounter gefertigt ist, wird aus Erdöl hergestellt. Es ist nicht mehr als biegsames Plastik, das durch erdölbasierte Farben erstrahlt und das, wenn man es nicht verbrennt, hunderte Jahre auf der Erde bleiben würde.
Führt man herkömmlichen Kunststoff nun aber dem Recyclingzyklus zu, kann daraus zumindest etwas Neues entstehen. Hierfür eignet sich zwar nicht jedes Kunststoffprodukt, aber aus den vielen PET-Flaschen, Joghurtbechern und Strohhalmen ist schon der ein oder andere schicke Rucksack entstanden. Ein veganer noch dazu.
Und noch besser: Wenn Firmen sich nicht zurücklehnen und auf Plastikmüll warten, sondern diesen aktiv suchen. Eine Vielzahl an cleveren Firmen macht es vor. In Kooperation mit lokalen Unternehmen geht es raus auf See zum Müllsammeln. Die Beute in Form von Bojen, Fischernetzen und anderem Plastik-Unrat wird eingeschmolzen, zu Granulat verarbeitet, weiterverkauft oder eigens daraus neue Produkte gefertigt.
Das Meer von Müll befreit, recycelt und so Ressourcen eingespart – check. Wieder ein kleiner Beitrag zum Klima- und Umweltschutz.
Aber was tun, wenn man beides nicht möchte. Kein tierisches Leder und kein veganes aus recycelten Colaflaschen? Auf den Look und seine Eigenschaften aber nicht verzichten möchte. Dann kommt bio-basiertes Leder ins Spiel. Was das ist? Schau nach…
Bio-basiertes Leder aus Reststoffen
Sprechen wir von bio-basiertem Leder, sind damit Materialien gemeint, die sich wie Leder anfühlen und auch so aussehen, aber ganz anderen Ursprungs sind.
Leder Alternativen aus Ananas, Apfel und Fischhäuten
Die bio-basierte Variante ist vegan, enthält kein Erdöl und setzt stattdessen auf stärkebasierten Kunststoff, auf Reste der Lebensmittelindustrie und auf Pflanzenabfälle. Die Stärke für flexible Bioplastik-Anwendungen in der Modebranche wird meist aus Mais oder Kartoffeln gewonnen. Innovative Unternehmen wie Piñatex nehmen dies als Basis und mischen Abfallprodukte hinzu: Blätter der Ananaspalme, Apfelreste aus der Getränkeproduktion, Traubenreste vom Winzer, Bio-Fischhäute von Lachsfarmen. Mit einem Anteil von etwa 50 % fügt man diese Reststoffe der bio-basierten Kunststoffmasse bei und heraus kommt ein lederähnliches Material.
Und so kommt es schließlich zu den angeteaserten Apfelleder-Pumps, einer Bodybag aus Ananasleder oder einem pflanzlich gegerbten Schlüsselanhänger, der mit Lachshaut verstärkt ist. Details zum Herstellungsprozess bleiben uns die Firmen schuldig – Geschäftsgeheimnis. Doch auch ohne jeden Schritt zu kennen, sind wir begeistert von so viel Kreativität und nahhaltigem Engagement.
Eine Schippe legen wir nun aber noch drauf. Die Hauptdarsteller in den nächsten Kapiteln sind Algen und Pilze.
Nachhaltiges Leder aus Pilzen
Der Zunderschwamm ist ein großer Pilz, der vor allem in Laubwäldern vorzufinden ist. Hier wächst er auf den Baumstämmen von geschwächten Birken und Buchen. Sein Fruchtkörper (der Schirm) kann über mehrere Jahre hinweg einen Durchmesser von bis zu 30 cm erreichen.
Die perfekte Größe für findige Designer, um daraus Pilzleder herzustellen. Ein Verfahren, bei dem der Pilz in Schichten geschnitten und in mehreren Zyklen abwechselnd gezogen, gedehnt, befeuchtet und wieder getrocknet wird. Aufwändig, aber die Ergebnisse können sich sehen lassen: einzigartige Caps und Geldbeutel aus einem sehr weichen braunen Pilz-Lederimitat.
Algen-Kunststoff für Turnschuhe
Dieses erstaunliche Material ähnelt zwar eher Gummi als Leder, trotzdem möchten wir es dir keinesfalls vorenthalten. Verarbeitet zu einem Schuh stellt es nämlich eine nachhaltige Alternative zu einem herkömmlichen Ledersneaker dar.
Nun aber erst einmal von Anfang an: Eine UK-Firma bietet Freizeitschuhe aus einem Algen-Kunststoff an. Um genau zu sein besteht das Modell zu 53 % aus einem Mikroalgen-Schaumstoff, der von Wissenschaftlern eines Biotechnologie-Unternehmens entwickelt wurde. Die außergewöhnlichen Schuhe sind besonders leicht, wasserabweisend und flexibel. Auch hier bleibt der genaue Herstellungsprozess des nachhaltigen Bio-Kunststoffs Firmengeheimnis. Nichtsdestotrotz eine beeindruckende Innovation aus der grünen Modeszene.
Ein alter Bekannter: Veganes Öko Leder aus Kork
Zu guter Letzt: Kork. Das braun gescheckte Material hat lange Zeit unter einem verstaubten Image gelitten. Als Bodenbelag für Öko-Latschenträger abgestempelt, als schwarzes Brett degradiert.
Nun erlebt das umweltfreundliche Material mit der weichen Haptik ein Revival als vegane Lederalternative. Die Welle nahm ihren Anfang in Portugal. Dort, wo die meisten Korkbäume stehen. Angesagte portugiesische Designer fertigten daraus Laptophüllen, Clutches und sogar HighHeels. Andere europäische Firmen zogen nach und vor das Angebot in der grünen Modebranche wächst stetig. Optisch hebt sich Kork natürlich von echtem Leder ab, doch es teilt wichtige Eigenschaften mit ihm: flexibel und robust zugleich, atmungsaktiv, isolierend und wasserabweisend.