Nachhaltige Stoffe für Deutschland und die Welt
- Die Modebranche zählt weltweit zu den schmutzigsten Industrien.
- Kleidung & Accessoires verschlingen in der Produktion riesige Mengen an Ressourcen –> 1 kg Baumwolle benötigen 10.000 Liter Wasser.
- Künstliche Stofffasern dominieren den Markt. Sie basieren auf Erdöl. Bei jedem Waschgang gelangt Mikroplastik in die Umwelt. 35 % des Mikroplastiks in den Meeren stammen von synthetischen Textilien.
- Lange Transportwege sind für hohen CO2-Ausstoß verantwortlich.
- 90 % der Textilien, die in deutschen Geschäften hängen, kommen aus Asien. Dort sind Flüsse, Seen und Trinkwasser durch Gerbstoffe, Färbe- und Bleichmittel stark verschmutzt.
- Langsam findet ein Umdenken bei Unternehmen und Kunden statt. Proteste gegen Fast Fashion nehmen zu.
- Die grüne Modeszene wächst. Nachhaltige Textilien aus ganz neuen Stoffen strömen auf den Markt. Ökomode ist in Mode!
Schmutzige Modeindustrie
Für viele ist sie vor allem bunt, glitzernd und spannend. Andere schlagen ihretwegen die Hände über dem Kopf zusammen und fordern einen grundlegenden Wandel.
Die Modeindustrie zählt weltweit zu den schmutzigsten Branchen. Schmutzig deshalb, weil das hohe Ausmaß der Textilproduktion Klima und Umwelt auf vielfältige Weise schädigen.
Eine Kollektion jagt die nächste. T-Shirts für 2,90 und die Jeans im Used-Look für nicht einmal zehn Euro. Fast Fashion war jahrelang das Maß aller Dinge, dem alles untergeordnet wurde. Und das vor allem in Asien, dem Zentrum der Textilproduktion. Hier wird weiterhin im Akkord gefärbt, gegerbt, gebleicht, genäht, geschrubbt. Das hinterlässt erhebliche Spuren. Bei den Arbeitern vor Ort und bei Klima, Umwelt und Natur.
Klima- und Umweltprobleme durch Textilbranche
Die negativen Auswirkungen der globalen Textilproduktionen auf Umwelt, Klima und Natur sind bei weitem nicht auf ein Blatt Papier zu bringen. Sie sind nicht immer klar von anderen Einflüssen abzugrenzen, vieles geschieht im Verborgenen und wird nicht dokumentiert. Und auch wenn man die Schäden nicht ganz genau erfassen kann, sollten die folgenden Ausführungen zumindest die wichtigsten Aspekte anreißen.
Nimm dir vorab bitte noch dies zu 💕
Wir weisen auf Probleme hin. Wir möchten damit aber niemanden anklagen oder dich mit erhobenem Finger maßregeln. Mit wenigen Ausnahmen sind wir alle Teil dieses Systems. Aber: Wenn wir unser Konsumverhalten alle ein Stück ändern, können wir bestimmt etwas Großes bewegen.
Vielleicht legst du zwischendurch einfach mal einen Monat Shoppen-Fasten ein, kaufst in einer Secondhand-Boutique ein, kostenlos im Kleiderschrank deiner Mutter oder du lässt die Kunstledertasche aus Taiwan im Regal stehen und bastelst stattdessen eine stylische Bag aus Bambus-Sushi-Tischsets. Inspirationen gefällig?
Dann schau dir kurz das Video von DIY-Influencerin Jelena an.
Transport
Made in Cambodia steht auf dem Schildchen am Hosenbund. Da hat die Jeans aber einen langen Weg zurückgelegt, denkt man. Doch die Jeans ist nicht einfach nur von Phnom Penh nach Berlin gereist.
Der Rohstoff, die Baumwolle, stammt aus Brasilien. Zu einem Faden gesponnen wurde sie in Bulgarien. Türkische Angestellte verarbeiteten die Fäden zu Jeansstoff, bevor der Rohling in Indonesien eingefärbt, an einigen Stellen gebleicht und weiter nach Kambodscha geschifft wurde. Schneiden, stecken, nähen – die Jeans ist als solche zu erkennen.
Ihren Weg nach Deutschland trat sie im Container auf einem Frachtschiff an. Diese sind in der Regel mit Schweröl unterwegs, das wegen seiner hohen Schwefelkonzentration besonders klimaschädlich ist. Vom Hamburger Hafen in einen LKW geladen und ab zum Berliner Alexanderplatz. Die Mitarbeiter von PRI**** warten schon darauf.
Natürlich ist dies nur ein fiktives Beispiel, doch absolut realitätsnah. Die meisten Kleidungsstücke drehen eine halbe Runde um den Erdball, bevor sie in den deutschen Shops zu Schnäppchenpreisen angeboten werden.
Vielleicht in Zukunft öfter mal zu einer ungebleichten Jeans mit dem Aufdruck Made in Germany greifen.
Ressourcen
Ein weißes Poloshirt, 100 % Baumwolle, Made in Italy – Klingt, als hätte dieses Shirt einen deutlich geringeren CO2-Fußabdruck als die Jeans aus Kambodscha.
In puncto Transport trifft das sicher zu, doch um die Nachhaltigkeit eines Produkts zu bestimmen, gibt es natürlich noch viel mehr Kriterien zu berücksichtigen. Der Anbau der Rohstoffe und die Verarbeitung / Veredlung der Textilien verursachen meist noch größere Schäden.
Schauen wir uns das Material näher an. Baumwolle ist ein natürlicher nachwachsender Rohstoff. Das ist im Grunde erst einmal gut. Der Anbau der Baumwollpflanze verschlingt jedoch große Wassermengen. Für ein Kilogramm braucht es zwischen 10.000 und 11.000 Liter.
Positiv ist, dass es ein weißes Shirt ist. Wahrscheinlich gebleicht, aber nicht noch zusätzlich mit chemisch-synthetischen Farbstoffen behandelt. Welche Umweltschäden Produktionsschritte wie Färben und Bleichen anrichten können, liest du im nächsten Kapitel.
Zwischendurch Lust auf Zusatzinfos? Hier erfährst du mehr über die Ledergerbung und ihre negativen Auswirkungen auf Natur und Umwelt.
Bio-Baumwolle als nachhaltige Alternative?
Weichen wir auf Bio-Baumwolle aus ökologischem Anbau aus, erspart man der Umwelt zumindest Pestizide und chemische Düngemittel.
Am Wasserverbrauch ist jedoch nicht zu rütteln. Erschwerend kommt hinzu, dass Baumwolle in Gegenden mit hohen Temperaturen wie Brasilien, Indien, China und in einigen Staaten Afrikas angebaut wird. Also in tropischen und subtropischen Regionen, in denen Wasser ein sehr knappes Gut ist.
Umweltverschmutzungen durch Chemikalien
Wie zuvor bereits kurz angedeutet, verursachen Weiterverarbeitung und Veredlung von Kleidungstücken besonders große Umweltschäden. Der Stoff wird nämlich nur in Einzelfällen in seinem Rohzustand belassen.
Wie viele Chemikalien und energieintensive Prozessschritte benötigt werden, hängt von dem jeweiligen Kleidungsstück ab.
Eine Outdoorjacke für die Berge muss zum Beispiel sehr vielen Ansprüchen standhalten: Sie muss wasser- und winddicht sein, sie muss isolieren und die Farben sollten auch nach hoher UV-Belastung und etlichen Waschgängen noch strahlen. Das Material dieser Kleidungsstücke wird erst gewaschen, die Faserstruktur mit Chemikalien aufgebrochen, bevor es gebleicht, mit erdölbasierten Farben gefärbt und mit einer Teflon-Beschichtung überzogen wird.
Allein mit Teflon haben wir einen hochverarbeiteten Kunststoff vor uns, der im Verdacht steht, krebserregend zu sein.
An eine Baumwollshorts für den Frühling werden weniger Ansprüche gestellt.
Sie muss nicht zwingend Wind und Regen abhalten und auch die ganz hohen UV-Mengen, wie es sie auf den Bergen gibt, sollten ihr erspart bleiben. Folglich reduzieren sich Verfahrensschritte und Chemikalieneinsatz.
Doch auch hier verwenden die Textilfirmen umstrittene Substanzen zur Vorbehandlung, zum Bleichen und zum Färben. Etliche Pigmente und Farbstoffe enthalten unter anderem Blei und Kupfer – zwei Schwermetalle, die sich im menschlichen Körper ansiedeln und dort das zentrale Nervensystem schädigen können.
In der EU ist der Einsatz dieser und ähnlicher Chemikalien streng reglementiert. In Asien sind die Umweltschutzauflagen deutlich niedriger. Eine Konsequenz daraus ist, dass viele der eingesetzten Chemikalien ins normale Abwasser und damit in Flüsse, Seen und Meere gelangen. Dort schaden sie den Wasserorganismen und über das Trinkwasser auch den Menschen vor Ort.
Des Weiteren gelangen die Giftstoffe mit dem Gießwasser auf die Felder, sie sickern in die Böden, bringen dort das mikrobielle Gleichgewicht durcheinander, reichern sich in Nahrungsmittelpflanzen an und gelangen auch so auf die Teller der einheimischen Bevölkerung.
Dieses Szenario erfasst die negativen Auswirkungen nicht in seiner Gänze. Das muss und kann es an dieser Stelle auch gar nicht. Die wichtigsten Fakten sind sicher angekommen.
Umweltverschmutzungen durch Mikroplastik
Die Chemikalien der Textilindustrie finden ihren Weg ins Abwasser natürlich auch über die Waschmaschine; gerade bei den ersten Waschgängen eines neuen Kleidungsstücks. In Industriestaaten wie Deutschland werden diese von den Kläranlagen herausgefiltert.
Aber was ist zu klein, um vollständig herausgefiltert zu werden?
Mikroplastik – Kunststoffteilchen, die maximal 5 mm groß und nicht biologisch abbaubar sind.
Diese Partikel sind Bestandteil synthetischer Fasern, aus denen die meisten Textilien bestehen. Bei jedem Waschgang verlieren die Kleidungsstücke hiervon eine Vielzahl bzw. zumindest Teile davon.
Fleece zum Beispiel besonders viel, Nylon eher wenig. Ausschlaggebend ist außerdem das Waschprogramm. Je höher die Temperaturen und Schleuderumdrehungen, desto höher der Faserabrieb. Experten gehen davon aus, dass 35 % des Mikroplastiks auf diese Weise in die Meere kommt.
Bislang existieren keine verlässlichen Studienergebnisse, die Mikroplastik als Auslöser von Krankheiten bestätigen. Das Gros der Wissenschaft geht davon aber aus. Ebenso wird vermutet, dass die Schadstoffe des Mikroplastiks den Meeresorganismen erheblich schaden.
Zu viel Textilmüll
2019 hat jeder von uns durchschnittlich 4,7 kg Textilien weggeschmissen. Damit sind wir Deutschen in der EU zwar nicht trauriger Spitzenreiter, trotzdem ist das viel zu viel. Nicht mitgerechnet sind natürlich Klamotten, die wir letztes Jahr online über Kleiderkreisel oder offline beim Hofflohmarkt verkauft, unserem Bruder vermacht oder dem Tauschmobil gespendet haben.
Viele von uns schauen Shopping Queen nicht nur im TV, sondern feiern dies als Rolle ihres Lebens. Sie shoppen, was das Zeug hält. Es ist ein Hobby, es ist Belohnung, es ist Zeitvertreib. Immer mehr für wenig Geld. Was nicht mehr passt oder gefällt, wird achtlos weggeschmissen.
Und so türmen sich die Klamottenberge. Sogar das Rote Kreuz winkt regelmäßig ab, weil auch die Kleiderkammern für Bedürftige bis zum Rand gefüllt sind. An Putzlappen mangelt es ebenfalls nicht. Also wird der Großteil des Textilmülls außer Landes gebracht und auf umweltschädigenden Deponien gelagert. Einen weiteren großen Teil verbrennt man. Nur wenige Kleidungsstücke finden den Weg in ein Recyclingsystem.
Doch der Anteil steigt. Vielleicht kann man sogar schon von einer Trendwende sprechen. Immer mehr Textilunternehmen, unter ihnen große wie H&M, Adidas oder C&A, integrieren Recyclingprozesse in ihre herkömmlichen Produktionsverfahren. Als Rohstoff dienen zum Beispiel alte Plastikflaschen oder die ausgediente Kleidung der Kundschaft, die direkt in den Filialen abgegeben werden kann. Als Belohnung winkt meist ein Rabattgutschein.
Wie kann man die Probleme lösen?
Die Probleme wären damit benannt. Und was dagegen tun?
Mögliche Sofortmaßnahmen: Weniger kaufen. Fällt uns selbst nicht leicht, ist aber sinnvoll. Außerdem waschen wir nur noch sehr stark verschmutzte Kleidung bei hohen Temperaturen, alles Übrige schafft auch ein Schonprogramm. Und womit waschen? Mit bio-basierten Waschmitteln ohne Erdölanteil. Kennst du nicht? Es gibt zum Beispiel diese: Ecover Flüssigwaschmittel oder Frosch Waschmittel.
Alternativ kann man natürlich auch komplett auf Waschmittel verzichten und stattdessen Waschnüsse verwenden. Du bekommst sie in fast jedem Drogeriemarkt. Dort findest du auch günstigen Haushaltsessig, der als umweltfreundlicher Weichspüler eingesetzt werden kann. Er macht die Wäsche nicht nur soft, sondern geht gegen Viren, Bakterien und nebenbei noch gegen die Kalkablagerungen in der Waschmaschine vor.
Darüber hinaus sollten wir unseren Blick für Textilien aus Naturfasern schärfen.
Naturfasern sind etwa aus Leinen, Hanf oder Orangenschalen gefertigt. Aus Orangenschalen? Ja, richtig verstanden. Lies weiter und lerne ganz neue nachhaltige Materialien kennen.
Die Probleme, die durch die Textilindustrie verursacht werden, sind divers und vielschichtig. Aus diesem Grund gibt es auch nicht das eine Produkt, das eine Verfahren oder die eine Firma, die eine Patentlösung bereithält. Vielmehr gibt es viele kleine Stellschrauben, die bedient werden wollen. Und zwar gerade auch von uns, den Konsumenten.
Eine dieser Stellschrauben ist die Wahl des Materials. Wir können weiterhin wie gewohnt zu der Strumpfhose aus 100 % (normalem) Nylon greifen oder wir nehmen die, die aus alten Fischernetzen hergestellt wurde. Wir können uns für den schweren Longblazer aus Samt entscheiden oder für den leichten aus nachhaltigen Bambusfasern vorziehen.
Wir haben es in der Hand. An nachhaltiger Kleidung mangelt es auf jeden Fall nicht. Lest selbst!
Biologische Kleidung aus recycelten Fasern
Rund Zweidrittel der Textilien bestehen komplett oder zumindest anteilig aus synthetischen Fasern. Die Vorteile des Materials überzeugen auch auf den ersten Blick: Sie sind unempfindlich, leicht, trocknen schnell und ihre Herstellung ist recht günstig. Welche Probleme die erdölbasierten Fasern jedoch mit sich bringen, konntest du zuvor lesen.
Wie könnte nun ein Lösungsansatz aussehen? Komplett auf Naturfasern umstellen? Das ist bis auf Weiteres nicht möglich. Hierfür stehen weder genug Agrarflächen noch Wasservorräte in den (sub-)tropischen Gegenden zur Verfügung. Dann also zumindest mit dem arbeiten, was an Kunststoffen ohnehin schon im Umlauf ist.
Die meisten Kunstfasern bestehen komplett oder anteilig aus Polyester, das sich für Recyclingverfahren sehr gut eignet. Es kann aus alten Kleidungsstücken oder auch aus Plastikmüll wie Fischernetzen und Plastikflaschen gewonnen werden. Dabei gilt: Je höher bei dem Ausgangsprodukt der Anteil an einem Stoff aus der „Polyester-Familie“ ist, desto besser lässt es sich nach dem Schmelzen zu einem neuen Polyesterfaden spinnen. Fremdstoffe verhindern dies leider häufig.
Wenn es aber gelingt, können sich die Ergebnisse sehen lassen. Hier ein paar nachhaltige Beispiele:
Unter dem Namen Blue vertreibt Kunert schicke Strümpfe und Strumpfhosen, die aus alten Fischernetzen gefertigt sind. Auch Adidas greift für seine Kollektionen immer häufiger auf Meeresmüll zurück und verarbeitet die Recyclingfaser zu Sportshirts, Turnschuhen & Co.
Die kuscheligen Fleecejacken von Bleed fertigt die Brand aus alten PET-Flaschen und Lola Studio schneidert damit Klamotten für die Yogastunde und für das Sonnenbad.
Die Probleme, die Polyester mit sich bringt, verschwinden bei der recycelten Variante natürlich nicht. Durch die Mehrfachnutzung des Materials werden sie aber zumindest reduziert. Und es geht ja auch noch nachhaltiger. Zum Beispiel mit Stoffen aus Natur- und Reststoffen.
Textilien aus Naturstoffen
Die bekannteste Naturfaser im Textilbereich ist die aus Baumwolle. Durch ihre Verwendung bleibt der Umwelt schon einmal eine Menge Plastikmüll und Chemie erspart. Wie oben bereits zu lesen war, benötigt die Baumwollpflanze jedoch sehr viel Wasser.
Hanffasern
Hanf ist da schon deutlich anspruchsloser. Er benötigt für seine Aufzucht weniger Wasser, er gedeiht auch auf nährstoffärmeren Böden und er wächst deutlich schneller als Baumwollpflanzen.
Schön und gut, aber wer möchte schon rumlaufen wie Ronja Räubertochter?! Musst du nicht, weit gefehlt. Die Liebhaber kastenförmiger Hanffaser-Shirts in Erdtönen werden natürlich weiterhin bedient, doch Hanf kann auch ganz anders. Hessnatur macht es zum Beispiel vor und bietet elegante Blusen aus einem Hanf-Seide-Gemisch oder auch ein klassisches Etuikleid an, bei der man Hanf mit Bio-Baumwolle gepaart hat.
Bambusstoff
Bambus – er ist der König unter den schnellwachsenden Pflanzen. Bei optimalen Bedingungen schafft es der Riesenbambus auf bis zu 80 cm pro Tag. Auch wenn seine Artgenossen da nicht ganz mithalten können, eignen sich auch ihre Fasern sehr gut für Textilien.
Grund dafür ist der hohe Anteil an Zellulose, aus der sich seidige Viskose herstellen lässt. Neben dem soften Griff ist Bambus-Viskose in den meisten Fällen atmungsaktiv und sogar antibakteriell. Aus diesem Grund setzen es Textilfirmen häufig für Yoga- und Sportswear ein.
Eukalyptus besitzt übrigens ganz ähnlich Eigenschaften. Sein Wuchs kann mit dem von Bambus zwar nicht mithalten, doch auch seine Zellulose kann man zu einer anschmiegsamen Viskosefaser verarbeiten.
Holzfasern
Nun geht es noch höher hinaus. In den Wald, auf die Bäume. Denn auch Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, der in der Textilproduktion immer häufiger zum Einsatz kommt. Und damit es besonders nachhaltig ist, verwenden verantwortungsvolle Unternehmen ausschließlich Holz aus zertifiziertem Anbau und meist sogar kleine Holzschnipsel, die sonst nur noch für das Heizen Verwendung gefunden hätten.
Vom Holz zur Faser muss man in einem ersten Schritt die Zellulose von den übrigen Bestandteilen trennen. Sie macht etwa 40 % bis 50 % des Holzes aus. Früher nutzten die Produzenten hierfür verschiedene umweltschädigende Chemikalien. Heute gelingt dies mit organischen Lösungsmitteln, die der Natur nicht schaden.
Die gelöste Zellulosemasse wird durch Spinndrüsen gepresst, mit biologisch abbaubaren Zusätzen gebleicht, gereinigt und getrocknet. Das Ergebnis ist ein strapazierfähiges Garn, das für die Weiterverarbeitung zu einem weichen Stoff bereit ist.
Algenfasern
Vom Wald tauchen wir jetzt direkt ins Meer ab. Hin zu den schleimigen Gebilden, die sicher jedem von uns schon einmal am Bein geklebt haben – Algen. Auch aus ihnen lässt sich ein herrlich weicher Stoff herstellen, der ebenfalls atmungsaktiv und antibakteriell ist und sich besonders gut auf allergiegeplagter Haut verhält. Als eines der ersten hat sich das Unternehmen Smartfiber auf die Herstellung von Algenfasern spezialisiert. Sie nennen ihren Stoff SeaCell.
Ob das Versprechen, sein Träger würde über die Haut wertvolle Mineralien und Vitamine aufnehmen, stimmt, können wir nicht prüfen. Fest steht allerdings, dass sich die Blätter unterschiedlicher Braunalgenarten sehr gut mit Zellulose von Bäumen oder Pflanzen verstehen. Die Algenblätter werden getrocknet, zerbröselt und als Pulver dem Garn beigemischt.
Was daran jetzt so nachhaltig ist? Algen wachsen so ziemlich überall. Sie brauchen kein Ackerland, müssen nicht gegossen oder mit Pestiziden behandelt werden und sie sind sehr potente CO2-Speicher.
Kleidung aus ungenutzten Reststoffen
Auf Klamotten aus nachwachsenden Rohstoffen zu setzen, ist für einen bewussten Lebensstil schon sehr gut. Noch nachhaltiger wird es allerdings, wenn wir Natürliches nehmen, das gemeinhin als Abfall gilt.
Bananenfasern
In Japan sind sie keine Neuheit mehr. In Deutschland sehr wohl.
Bananenfasern sind dreimal fester als Baumwollfasern. Sie können sehr viel Feuchtigkeit absorbieren, hinterlassen trotzdem ein trockenes Gefühl auf der Haut. Sie sind leicht, biologisch abbaubar und benötigen für ein kräftiges Wachstum weder chemische Düngemittel noch Pestizide.
Und das Beste: Man kann die Fasern aus dem Stamm und aus den Blättern der Bananenstaude gewinnen. Dazu muss man wissen, dass Bananenpflanzen nur einmal in ihrem Leben Früchte tragen und danach absterben. Um die Fasern zu extrahieren, bedient man sich also an einem Abfallprodukt. Nutzungskonkurrenzen bleiben aus und die Bananenernte wird durch die Fasergewinnung in keiner Weise gestört.
Die Fasern in Stamm und Blättern sind von unterschiedlicher Stärke. Dementsprechend kann man aus ihnen ganz feine und auch grobe robuste Garne und Stoffe herstellen. Mit Seide gemischt ergeben sie ein luftiges Sommerkleid. In der robusteren Variante, veredelt und geschützt mit Bienenwachs, kann man daraus Rucksäcke und Bauchtaschen fertigen. Zu sehen etwa bei dem nachhaltigen Startup QWSTION.
Milchfasern
Textilien aus Milch herzustellen klingt beim ersten Hören wohl befremdlich und vor allem gar nicht nachhaltig. Schließlich ist Milch ein Grundnahrungsmittel, es hat keine Blätter oder Wurzeln. Was also soll daran Abfall sein?
Laut einer Studie der Universität in Edinburg werden jährlich weltweit ca. 116 Mio. Tonnen Milch und Erzeugnisse daraus weggeschüttet. Das ist ungefähr ein Siebtel des globalen Aufkommens. Ein Großteil dieser Verluste resultiert schlicht aus Überproduktionen. Ein anderer Teil gilt als verdorben, weil die Kühlkette unterbrochen wurde.
Pfiffige Unternehmer retten kleine Mengen der Molkereiabfälle und extrahieren daraus das Eiweiß, das Kasein. Dieses wird danach getrocknet und mit anderen organischen Stoffen erhitzt, bevor man es durch Spinndrüsen presst.
Das Ergebnis ist ein reißfester Faden, der zu einem sehr weichen Stoff weiterverarbeitet werden kann. Das Material schimmert dezent und gilt als besonders hautfreundlich und antiallergen. Diese Eigenschaften wissen vor allem Lingeriemarken zu schätzen. Mey wie auch Bruno Banani mischen die Milchfaser mit holzbasiertem Garn und stellen daraus Shorts & Panties her.
Garn aus Zitrusfrüchten
In Italien fallen pro Jahr etwa 700.000 Tonnen Abfall aus der Verarbeitung von Zitrusfrüchten an. Bis vor wenigen Jahren landeten diese Reststoffe auf dem Müll oder in Biogasanlagen. Ein Teil davon geht inzwischen einen anderen Weg – direkt in die Arme von zwei modebegeisterten Sizilianerinnen.
Unter dem Namen Orange Fiber produzieren die beiden Italienerinnen seit 2015 Stoffe aus Zitrusfrüchten. Genauer gesagt haben sie es auf die Schalen und andere Rückstände von Limonen, Zitronen und Orangen abgesehen.
Aus diesen Resten, die sie unter anderem kostenlos von Saftproduzenten erhalten, extrahieren sie die Zellulose und fertigen daraus biologisch abbaubares Garn.
Der besondere Clou: Das Garn wird mit ätherischen Ölen – natürlich von Zitrusfrüchten – angereichert. Beim Tragen sollen diese über die Haut aufgenommen werden und im Körper für einen Vitaminkick sorgen.
Je nach Kundenwunsch kombiniert Orange Fiber das Zitrusgarn mit Seide, Baumwolle oder anderem organischen Gewebe. Apropos Kunden, hierzu zählen Modegrößen wie Salvatore Ferragamo und H&M.
Kaffeefasern
Zu guter Letzt nehmen wir die Tasse Kaffee ins Visier. Keine Sorge, es folgen keine neuen Studienergebnisse, die die exotische Bohne einmal mehr als ungesundes Teufelszeug abtun.
Ganz im Gegenteil. Trink ruhig zwei-drei Tassen pro Tag, reichere damit das Tiramisu an, peel dir mit dem Kaffeesatz den Körper oder dünge damit dein Rosenbeet. Und kauf doch mal ein Sportshirt, das anteilig aus Kaffeefasern besteht.
Das taiwanesische Unternehmen Singtex hat das Garn erfunden. Für die Herstellung sammelt die Firma Kaffeesatz aus umliegenden Cafés ein, trocknet ihn und extrahiert einen Teil davon. Zusammen mit alten PET-Flaschen wird der Extrakt erhitzt, durch Düsen gepresst und als Faden zu Stoff weiterverarbeitet. Der Kaffeesatzanteil beträgt bei den meisten Kleidungsstücken 5 % bis 10 %.
Der Stoff wird also komplett aus Abfallprodukten hergestellt. Er ist leicht, knitterarm, schnelltrocknend und der enthaltene Kaffeesatz absorbiert schlechte Gerüche. Schweiß ist so einer und da wundert es nicht, dass inzwischen viele Fußballtrikots mit der Biofaser ausgestattet sind.
Stoffe aus nachhaltigen Materialien sind ein guter Anfang. Nun müssen wir den Blick als nächstes auf das Bleichen, Färben & Imprägnieren richten. Welche umweltfreundlichen Möglichkeiten es auf diesem Gebiet gibt, kannst du hier auf unserer Webseite schon bald nachlesen.
Ich finde ihr habt einen wichtiges Thema angesprochen und das Thema darf nicht aus dem Fokus geraten.
Danke für den tollen Beitrag!